In den frühen Zeiten des Buchdrucks wurden die Schriften der verschiedenen Autoren oft mehr oder minder lose gebunden angeboten, meist von Händlern, die die verschiedenen Marktplätze bereisten.
Wer solche Schriften erwarb, sammelte in der Regel einige Veröffentlichungen, um sie dann zum Buchbinder zu bringen.
Die verwendeten meist hölzerne Buchdeckel, die außen häufig mit Leder überzogen wurden. Innen aber war das blanke Holz zu sehen, das dann aus ästhetischen Gründen mit Papier überdeckt wurde. Weil Papier aber teuer war, verwendete man gern nicht mehr benötigte Druckerzeugnisse, und zwar so, dass die unbedruckte Seite nach oben zeigte.
Diese sogenannten Makulaturen erregten, wegen deren verborgener Unterseite, schon immer die Neugier nachfolgender Generationen.
So hob im Jahr 2016 der Reutlinger Forscher Prof. Bubenheimer die Makulatur eines Buches aus der Marktkirchen-Bibliothek vorsichtig an.
Er stieß dabei auf den lateinischen Namen der Stadt Mainz – und hatte sofort einen Verdacht. Denn der Erwerb des Bistums Mainz durch den Magdeburger Kardinal Albrecht war in gewisser Weise der Anlass für die Reformation.
Die rechtlich zweifelhafte Absicht des Kardinals, in den Besitz eines zweiten Bistums zu kommen, hatte sich nur mit einem Dispens des Papstes verwirklichen lassen, den der sich teuer bezahlen ließ.
Er erlaubte dem Kardinal, im großen Stil Ablassbriefe unter das Volk zu bringen. Wer einen solchen Ablassbrief erwarb, hielt damit das Versprechen in der Hand, dass die Sündenstrafen im Fegefeuer gemildert oder vollständig erlassen würden.
Der Ablassprediger Johann Tetzel, den Luther scharf kritisierte, war also für Kardinal Albrecht unterwegs. Der Erlös für die in Luthers Sicht wertlosen, nichtigen Ablassbriefe war zur Hälfte für Rom bestimmt, zum Neubau des Petersdoms. Die andere Hälfte bekam – nach Abzug der Unkosten – der Kardinal, der damit seine Schulden abtragen wollte, die er durch den Erwerb des zweiten Bistums beim Bankhaus Fugger aufgehäuft hatte. Aber Luther machte dem Kardinal einen Strich durch die Rechnung.
Die Makulatur, die Bubenheimer fand, erwies sich als eines von drei Stücken eines Ablassplakates, das seinerzeit in Kirchen und Klöstern aufgehängt worden war, damit die dortigen Kleriker über die näheren Modalitäten des Ablasses von Kardinal Albrecht und Tetzel informiert waren. Als Luther damals gegen den Ablasshandel seine Einwände erhob, brach der zusammen und aus den Ablassplakaten wurde Altpapier. Heute, wiederentdeckt nach 500 Jahren, sind die Fragmente des ursprünglichen Plakates ein einmaliges historisches Dokument.
Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, besuchen Sie ab 2020 die Marktkirchen-Bibliothek im Kulturmarktplatz Goslar.